DIN 2347 Konferenzdolmetschen

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Seit März 2017 in Kraft: DIN 2347 – neue Norm zum Konferenzdolmetschen

Anfang März wurde die neue DIN 2347 veröffentlicht, die nationale Norm für das Konferenzdolmetschen. Sie richtet sich an die Konferenzdolmetscher selber und bietet ihnen eine Handreichung für die Abwicklung der Aufträge von der Vor- bis zur Nachbereitung. Ein weiterer Zweck der Norm ist die Aufklärung der Nutzer von Dolmetschdienstleistungen über die Faktoren, die erfüllt sein müssen, damit ein Konferenzdolmetscher gute Qualität liefern kann. Die Norm formuliert die externen und internen Mindestanforderungen an den Konferenzdolmetscher und seine Arbeitsumgebung sowie die Rahmenbedingungen, die als Voraussetzungen für eine gute Dolmetschleistung erfüllt sein müssen. Mit der Einführung der Norm ist der Wunsch verbunden, dass sich die formulierten Mindestanforderungen an Dolmetscher und Dolmetschsituationen durchsetzen, eine größere Markttransparenz entsteht und die Qualitätssicherung gefördert wird. Es ist geplant, die Norm als internationalen Normungsvorschlag auf ISO-Ebene einzubringen.

Inhalte der Norm

Im Anwendungsbereich der Norm wird ausdrücklich festgelegt, dass sie nur für Einzelpersonen, nicht jedoch für Agenturen gilt. Als Einzelpersonen kann man sich nach ihr zertifizieren lassen – die ersten Zertifikate sind bereits erteilt.

In den einzelnen Kapiteln werden neben dem Anwendungsbereich, den normativen Verweisungen und den Begrifflichkeiten die Grundlagen des Konferenzdolmetschens, die Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Dolmetscheinsätzen, die Anforderungen an den Ablauf beim Konferenzdolmetschen, die Vertragsgestaltung, die Informationssicherheit, die Kompetenzen des Konferenzdolmetschers, dessen Qualifikationen und die Arbeitsbedingungen beschrieben. Ergänzt wird die Norm durch zwei informative Anhänge, die einmal den Arbeitsablauf beim Dolmetschen darstellen und zum anderen knapp die Arbeitsbedingungen für Konferenzdolmetscher beschreiben. Gerade diese Anhänge machen die Norm nach Einschätzung der Autorin auch für Nutzer von Dolmetschdienstleistungen interessant, die die Besonderheiten dieser anspruchsvollen Tätigkeit nicht kennen, als Auftraggeber aber zumindest in Ansätzen kennen sollten.

Kapitel 5 richtet sich ausdrücklich an den Konferenzdolmetscher, da in dem Kapitel die Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Dolmetscheinsätzen beschrieben werden. Es enthält eine ausführliche Auflistung verschiedener Aspekte, die der Dolmetscher bei der Vorbereitung des Einsatzes beachten sollte. Kann er anhand dieser Aspekte im Vorfeld eines Einsatzes den Kunden entsprechend beraten, und setzt der Kunde diese Aspekte um, ist schon eine gute Grundlage für die Erbringung einer hochwertigen Dolmetschleistung gelegt. Die Einsatznachbereitung führt u. a. die inhaltliche und terminologische Nachbereitung, eine Überprüfung der eigenen Dolmetschleistung und die Festlegung notwendiger Maßnahmen auf, die eine nachhaltige Qualitätssicherung ermöglichen. Diese Aspekte beeinflussen sehr stark die Rahmenbedingungen, unter denen eine Dolmetschleistung erbracht wird. Da sie sich gleichzeitig sehr gut dokumentieren lassen, fließen sie in das Audit ein.

Kapitel 6 beschreibt die Faktoren, die den Ablauf einer Konferenzdolmetschleistung beeinflussen. Sie sind externer Natur, d. h. durch den Kunden beeinflussbar oder auch nicht zu ändern, sowie interner Natur, also durch den Dolmetscher beeinflussbar. Bei der Organisation von Dolmetscheinsätzen, insbesondere bei mehreren Teams, ist diese Liste sehr hilfreich und auch für  Kunden eine gute Handreichung. Da im Übrigen die externen Einflussfaktoren einer Dolmetschleistung nicht überprüfbar sind, spielen sie in einem Audit keine Rolle.

Kapitel 7 widmet sich der Vertragsgestaltung zu den Aufträgen, Kapitel 8 beschäftigt sich mit der Informationssicherheit. Die Norm fordert ein Verfahren zur Sicherstellung der Datensicherheit, der Datensicherung und des Datenschutzes. Da die Informationssicherheit unabhängig davon, ob man als Fachübersetzer oder Konferenzdolmetscher arbeitet, einen immer größeren Raum in der Berufsausübung einnimmt, ist die Überlegung, wie man mit den entsprechenden Daten und vom Kunden überlassenen Informationen umgeht, sicherlich auch für diejenigen von Wert, die nicht über eine Zertifizierung gemäß DIN 2347 nachdenken.

Kapitel 9 führt die Kompetenzen auf, die ein Konferenzdolmetscher nachweisen muss. So wird u. a. näher auf die Dolmetschkompetenzen, interkulturelle Kompetenzen und Kompetenzen im Bereich der Konferenztechnik sowie deren Nachweis eingegangen. Auch der unternehmerische Aspekt, der für alle freiberuflich Tätigen zutrifft, findet Erwähnung.

Kapitel 10 führt die Qualifikationen auf, die ein Konferenzdolmetscher nachweisen muss, um als solcher arbeiten zu können. Da die Norm bisher deutschlandweit Anwendung findet, wo tertiäre Fachausbildungsgänge vorhanden sind, sind die notwendigen Qualifikationen entsprechend anspruchsvoll formuliert und setzen ein Hochschulstudium voraus, wenn auch nicht zwingend eines als Konferenzdolmetscher.

Was wird in einem Audit abgefragt?

Wer erwägt sich nach der DIN 2347 zertifizieren zu lassen, weiß, dass alle Normforderungen dokumentiert sein müssen. Wie aber kann man solche wenig fassbaren Faktoren wie die interkulturelle Kompetenz nachweisen, und wie sollte eine für den Auditor akzeptable Qualitätssicherung aussehen?

In der Tat ist es schwierig, interkulturelle Kompetenz zu dokumentieren, aber es geht. Jeder erfahrene Dolmetscher, der sich auf einen Einsatz vorbereitet, bei dem von vorneherein klar ist, dass kulturelle Eigenheiten beim Kunden zu beachten sind, wird sich entsprechend vorbereiten. Hat er sich gar eine Liste mit Höflichkeitsfloskeln oder Verhaltensweisen angelegt, gilt diese als Nachweis, dass er interkulturelle Kompetenz besitzt.

Ähnlich kann man bei anderen, „schwammigen“, aber wichtigen Bereichen wie der sozialen und kommunikativen Kompetenz vorgehen. Sicherlich lässt sich nicht alles Dokumentieren, aber im Gespräch mit dem Auditor werden diese Kompetenzen deutlich. Wenn dann das eine oder andere Dokument vorhanden ist, mit dem sich diese Kompetenzen untermauern lassen, werden sie nachprüfbar und lassen sich in einem Audit darlegen.

Ein weiterer Aspekt, auf den die Norm Wert legt, ist die Qualitätssicherung durch den Konferenzdolmetscher selbst. Wie schon dargestellt, führt Kapitel 5 einige Stichworte auf, die zur Nachbereitung gehören, wie die terminologische Nachbereitung oder die Überprüfung der eigenen Dolmetschleistung. Letzteres lässt sich anhand der Notizen aus der Kabine durchführen, da sie oftmals ein guter Spiegel der Begriffe und Inhalte sind, an denen man während des Einsatzes „festhing“. Kann man nachweisen, dass man diese Aspekte inhaltlich und terminologisch so aufbereitet, dass man sie beim nächsten Einsatz parat hat, ist auch hier der Nachweis geglückt. Einige Kollegen führen Listen mit Selbstchecks oder halten das Kundenfeedback fest. Eher selten steht eine Tonaufnahme der Dolmetschleistung für die Nachbereitung zur Verfügung. Anhand einer solchen Aufnahme lässt sich die eigene Leistung am besten beurteilen – wenn man sich selbst denn zuhören möchte.

Praxistauglichkeit

Jetzt muss die DIN 2347 zunächst einmal bekannt werden und ihre Anwendbarkeit unter Beweis stellen, was sicherlich auch in der Hand der Konferenzdolmetscher liegt. Erste Erfahrungen von Kollegen, die nach der DIN 2347 zertifiziert sind, gehen in dieselbe Richtung wie die der Kollegen, die nach der ISO 17100 zertifiziert sind: Gehaltsverhandlungen mit Kunden sind früher und auf einem höheren Niveau beendet.

Die Norm ist beim Beuth-Verlag als Download für € 73,90 und im Versand für € 80,30 erhältlich. Das Inhaltsverzeichnis ist als pdf-Download frei erhältlich.

Weitere Informationen zur Zertifizierung und zum Audit erhalten Sie in der kostenlosen Online-Sprechstunde von ATICOM zur Zertifizierung nach ISO 17100/DIN 2347 für Freiberufler (inkl. Q&A-Session mit zertifizierten Freiberuflern). Die nächsten Termine finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.

Isabel Schwagereit

Dieser Artikel erschien im FORUM 1/2017.

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