CIOL Translators Day and CIOL Interpreters Day

Angelika Kappmeyer | 17.04.2023 |

CIOL Translators Day and CIOL Interpreters Day am 24. / 25. März 2023 in London

Die CIOL „Translators & Interpreters Days“ fanden am 24. und 25. März in London statt.

An beiden Tagen hörten wir je 8 Präsentationen zu wichtigen und aktuellen Themen für unseren Beruf. Etwa 150 Übersetzer*innen und 70 Dolmetscher*innen hatten so die Möglichkeit, sich zu informieren und untereinander auszutauschen.

Keynote-Speaker des „Translators Day“ war Lucio Bagnulo von Amnesty International, der interessante Fakten nannte: So sind die Kernsprachen von Amnesty International momentan Englisch, Französisch, Spanisch und Arabisch, aber es wird natürlich in weit mehr Sprachen übersetzt. Wer bei AI arbeiten möchte, muss zwingend fließend Englisch sprechen. Dieses ist oftmals auch bei fachlich hochqualifizierten Bewerbern nicht der Fall. Bei Amnesty International wurden im Jahr 2022 8 Millionen Wörter in 90 Sprachenkombinationen übersetzt. Dabei handelte es sich um 25 Ausgangssprachen, 51 Zielsprachen und insgesamt 2450 Projekte.

Steve Doswell erzählte in seinem Vortrag „Talking tongues: 100 conversations with translators“ lustige Anekdoten, wie Übersetzer*innen „in den eigenen Sprachen“ denken.

Es gab interessante Gedankenanstöße zu den Programmen Trados und Airtable und in den folgenden Vorträgen: „Multilingual media and content – translating for the global village“, „Building successful communications in multinational organisations” und „How can translators add value for clients”.

Anita van Adelsbergen erklärte in ihrer Präsentation „Finding your lingustic niche – how to become a specialised linguist”, wie sie ihre Leidenschaft für Hunde und Pferde erfolgreich zum Schwerpunkt ihrer Arbeit als Übersetzerin und Dolmetscherin umgewandelt hat. Ihr Rat: In sich gehen, überlegen und ergründen, wo die eigene Leidenschaft liegt, dabei Geduld haben, es als eine „Reise zu sich selbst zu sehen“, auch lernen, zu scheitern, aber immer die Überzeugung im Hinterkopf behalten, dass Kunden die Leidenschaft spüren, wenn man in dem geliebten Bereich arbeitet, denn:
„Passion always shines through“.

Keynote-Sprecherin des  „Interpreters Day“ war Estelle Valensuela, die für die Organisation der Dolmetscher*innen bei der FIFA verantwortlich ist. Die FIFA benötigt Dolmetscher*innen für etwa 700 Veranstaltungen pro Jahr. Sie hat einen eigenen Pool von 251 Freelance-Dolmetscher*innen, die in 26 Sprachen arbeiten. Zu den bis zur WM in Katar offiziellen Sprachen Französisch, Spanisch, Deutsch und Englisch ist nun auch Arabisch hinzugekommen. Der größte Bedarf besteht an Englisch, Spanisch und Arabisch. Eine zwingende Voraussetzung, als Dolmetscher*in bei der FIFA zu arbeiten: Exzellentes Englisch in der B-Sprache.

Jo Drugan von der Herriot Watt University in Edinburgh erläuterte in ihrem Vortrag „Shifting roles: how increasingly blurred boundaries for interpreters are challenging our understanding of professional conduct and ethics”, was von Dolmetscher*innen im Community Interpreting oftmals verlangt wird. So sollen diese bei der Polizei beispielsweise die Aussagen der Verdächtigen oder Zeugen aufnehmen oder anhand der Aufnahmen von Bodycams dolmetschen.

Bestätigt wurde dieses später von Andrew Simpson. Andrew erzählte uns in seiner Präsentation „Interpreter conundrums – working in a public facing role“ lehrreiche Anekdoten aus seiner Tätigkeit als Dolmetscher vor Gericht und für den lokalen Fußballclub. Von ihm wurde zu Beginn seiner Arbeit verlangt, bei Pressekonferenzen, die er EN-FR dolmetschte, bestimmte Aspekte einfach nicht zu dolmetschen, um ggf. Streitigkeiten zu vermeiden. Andrew hat die Erfahrung gemacht, dass immer jemand aus dem Publikum Französisch versteht und genau auf den Punkt zurückkommt, den er nicht gedolmetscht hat. Er ist sehr schnell dazu übergegangen, seinen Kunden zu sagen, dass er grundsätzlich alles dolmetscht. Wenn er etwas nicht dolmetschen soll, dann sollen sie es erst gar nicht selbst äußern.

Janquelina Guardamagna hielt einen interessanten Vortrag über „Building long-term client relationships.”

Mike Orlov von der NRPSI setzt sich seit Jahren für Standards und Zertifizierungen für Dolmetscher*innen im Community Interpreting ein („The Future of Interpreting Standards“).
Dazu ein paar interessante Fakten: Die erste Berufsgruppe, die im Vereinigten Königreich zertifiziert wurde, war 1662 die der Taxifahrer. Lehrer werden erst seit 1998 zertifiziert.

„Interpreters and vicarious trauma – is the job getting to us?” Sue Leschen ist seit vielen Jahren als Dolmetscherin vor Gericht tätig und berichtete über erschreckende Erfahrungen bei ihrer Arbeit in Mordprozessen. Sie unterstrich die Bedeutung von Möglichkeiten für Dolmetscher*innen, ihre Erlebnisse mit anderen teilen zu können und Beratung zu erhalten.
Eine solche Möglichkeit hat Zora Jackmann durch Selbsthilfegruppen geschaffen („Facilitating reflective practice groups for public service interpreters“).

Als letzte Sprecherin hörten wir Morag Neath – Head of Unit bei der DG SCIC zum Thema  „Interpreting for the EU“. Morag unterstrich, dass derzeit ein Mangel an Dolmetscher*innen mit Englisch als Muttersprache bei der EU herrscht und erläuterte verschiedene Möglichkeiten für Britinnen und Briten, auch nach dem Brexit für die EU zu arbeiten.

Alles in allem gab es sehr viel Informationen an diesen zwei Tagen und es war eine sehr gute Möglichkeit zum Austausch und Kennenlernen.

(Angelika Kappmeyer, 13.04.2023)