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Endlose Geschichte: Eingliederung der Selbstständigen in die Rentenversicherung
Seit Jahren sucht die Politik in Deutschland nach einem tragfähigen Konzept für die zukünftige Alterssicherung. Dabei sind vor allem die Selbstständigen in den Fokus geraten, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen und für die auch keine Pflichtversicherung in einem berufsständischen Versorgungswerk besteht. Dazu gehören viele verschiedene Berufsgruppen aus Dienstleitungsbereichen wie Sprachmittlung, Publizistik, Design, Beratung und IT, aber auch gewerbliche Solo-Selbstständige wie Bühnenbauer, Ladeninhaber und Stadtführer.
Historie
Im Jahr 2012 scheiterte die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen mit dem Versuch, einen einkommensunabhängigen Pflichtbeitrag von monatlich 400 Euro einzuführen, der entweder in die gesetzliche Rentenversicherung oder in ein für diesen Zweck zugelassenes privates Altersvorsorgeprodukt eingezahlt werden sollte. Es zeigte sich, dass „die Selbstständigen“ eine äußert heterogene Gruppe mit einem breiten Einkommensspektrum und sehr unterschiedlichen Arbeits-, Lebens- und Vorsorgekonzepten sind, der man nicht einfach eine pauschale Pflichtversicherung auferlegen kann.
Neuer Anlauf
Im Mai 2016 haben die Ergebnisse der Studie „Solo-Selbstständige in Deutschland – Strukturen und Erwerbsverläufe“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) die Diskussion neu entfacht. Zum Thema Rente hatte das DIW die Daten des letzten Mikrozensus ausgewertet. Dort wurde gefragt, ob Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung gezahlt werden oder ob private Lebensversicherungen von mindestens 50.000 Euro vorhanden sind. Da die Hälfte der befragten Selbstständigen diese beiden Fragen verneinte, schloss das Ministerium daraus, dass die Hälfte der Solo-Selbstständigen nicht für das Alter vorsorgt und damit zur Belastung für die Allgemeinheit werden wird.
Nach diversen Protesten von Selbstständigenverbänden, dass bei dieser Untersuchung keine der üblichen vermögensbildenden Maßnahmen wie Immobilien, Wertpapiere, Aktienfonds und Festgeldkonten berücksichtigt würden und selbst die staatlich geförderte Rürup-Rente fehlte, korrigierte das DIW seine Aussage nachträglich in einem weiteren Bericht und kommt zu dem Schluss: „Viele Selbstständige, die nicht in die gesetzlichen Rentenkassen einzahlen, besitzen Vermögen: Traditionell besteht die Altersvorsorge von Selbstständigen darin, eigenständige Vermögen zu bilden oder Vermögenswerte zumindest zu erhalten.“ (DIW-Wochenbericht 45/2016)
Diskussionen und Forderungen
Im Oktober 2016 war ATICOM auf Einladung des BMAS bei der Konferenz „Arbeiten 4.0 Themenlabor – Dialog mit (Solo-)Selbstständigen, Gründerinnen und Gründern und kleinen Unternehmen“ vertreten. Unter anderem ging es um die neuerlichen Pläne der Bundesregierung, die Selbstständigen in die Rentenversicherung einzugliedern. Beate Maier hat sich für ATICOM an der Arbeits- und Diskussionsgruppe zum Thema Alterssicherung beteiligt.
Kurz darauf hat der Bund der Selbstständigen (BDS) eine Plattform für alle interessierten Verbände ins Leben gerufen, die ein Positionspapier mit 10 Forderungen erarbeitet hat. Auch hier hat Beate für ATICOM an der Entwicklung der Forderungen aktiv mitgewirkt. Den Wortlaut des Forderungspapiers, das im Januar 2017 an das BMAS übergeben wurde, finden Sie hier.
Nächste Initiative
Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. (VGSD) beschäftigt sich schon länger mit dem Thema Altersvorsorge für Selbstständige und war auch an der Erarbeitung des Forderungspapiers beteiligt. Mitte Februar 2017 lud der VGSD zusammen mit der Verband Deutscher Designer (AGD) alle interessierten Verbände zu einem Arbeitstreffen ein, auf dem die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) gegründet wurde. Zu den Mitgliedern gehören neben ATICOM beispielsweise der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) und der BDÜ, aber auch die Bauhandwerkerinnen und der Bundesverband der Honorarärzte, nur um noch einmal die Bandbreite der Betroffenen zu verdeutlichen.
Das nächste Treffen ist für Anfang Mai 2017 geplant. Ziel der BAGSV ist es, der Öffentlichkeit und der Politik ein realistisches und differenziertes Bild von der Situation der Selbstständigen zu vermitteln, denn Vorurteile führten schon in den letzten Jahren zu falschen Entscheidungen. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung der geschätzten 2,3 Millionen Solo-Unternehmer(innen) unter den insgesamt 4 Millionen Selbstständigen in Deutschland wird gegenwärtig deutlich unterschätzt. Durch den Schulterschluss will man eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit unter den Mitgliedsverbänden erreichen, Doppelarbeit vermeiden und gemeinsame Positionen entwickeln, die dann gezielt nach außen getragen werden können.
Was geht das jeden von uns persönlich an?
Das Thema Alterssicherung wird spätestens nach der nächsten Bundestagswahl wieder verstärkt diskutiert werden und betrifft alle, die selbstständig sind oder es werden wollen. Es ist daher ratsam, sich zu informieren und auf dem Laufenden zu bleiben. Hierbei sind folgende Websites hilfreich:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Arbeiten 4.0
Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e. V.: Altersvorsorge und Rentenpflicht
Dieser Artikel erschien im FORUM 1/2017.
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